Mi Perú -> Mit dem Padre durch die Pampa (2/2)

Mehr Jeep als Maultier, aber auch zu Fuß

Mit dem Dorfkatechist wird nach der Ankunft zuerst einmal besprochen, was für Sakramente an diesem Tag gespendet werden, oft mehr als 10 Taufen, Erstkommunionen und Hochzeiten auf einmal. Der Dorfkatechist hat dann die Aufgabe, die Lesungen herauszusuchen, die er im Gottesdienst ließt und andere Texte vorzubereiten, die manchmal als Einführung für einzelne Gottesdienstteile verlesen werden. In der Zwischenzeit sammelt sich meist der „Chor“ im vorderen Teil der Kirche, um mit der Gemeinde, die langsam, sehr langsam, eintrudelt, die Lieder zu üben. Oft gibt es zur Begleitung eine Gitarre und eine Trommel, manchmal habe ich mich schon mehr oder weniger erfolgreich mit der Ukulele versucht, ein Klavier oder gar eine Orgel kann sich nicht einmal die Katedrale in Chachapoyas erträumen. In den Liederbüchern steht nur der Text der Lieder, die Melodie muss jeder selbst wissen, sie variiert meist etwas von Gemeinde zu Gemeinde. Und oft klingt sie verdächtig ähnlich wie so manches deutsche Quatschlied, wer weiß, was zuerst da war...


Promoción 2004
Promocion (Schuljahresabschluss) in der Kirche von Mayno


Während dem Üben der Lieder fällt dem Dorfkatechisten oder den Begleitern des Padres meist die Rolle des Entertainers zu, der die Gemeinde zum Singen animiert und die Lieder am besten so oft singt, dass auch diejenigen, die ihr Liederbuch falschherum halten und so tun, als würden sie die Seite nicht finden oder einfach so auf den Text starren, sich dessen nicht schämen müssen und laut mitsingen können. Die gängigsten Lieder sind meist bekannte Melodien, die in die „andine Messe“, eine Kollektion von Kirchenlieder im typisch andinen Singstil, eingearbeitet sind.


Kirche Magdalena
Gottesdienst mit den Katechisten


Sind die Lieder eingeübt, beginnt die Messe. In einer der ersten Reihen sitzen meist die „wichtigen“ Leute, die Lehrerin, der Katechist. Dann sieht man Mädchen, die ihre Kinder stillen. Alte und Junge, die mit Poncho, oft mit Strohhut und Yankees, Sandalen aus Autoreifen gebannt den Worten des Padres lauschen. Kleine Kinder in schönen Taufkleidern. Kleine Kinder oder Hochzeitspaare, für die der Kauf von extra feierlicher Kleidung nicht möglich war.
So nimmt die Messe ihren Lauf. Zur Predigt steht der Padre meist direkt vor der Gemeinde und hat, wenn überhaupt, nur das Tagesevangelium in der Hand. Insbesondere im Hinblick auf die vielen Sekten, die sehr aktiv sind, taucht der „hijo prodigo“, der verlorene Sohn, in fast jeder Predigt einmal auf. Und oft entwickelt sich während der Predigt etwas wie ein Frage- und Antwortspiel und die meisten sind sehr stolz, wenn sie etwas richtig gewusst haben*. Im weiteren Verlauf hängt das Knien meist von den räumlichen Gegebenheiten ab. Manche Kirchen haben an den Bänken Vorrichtungen zum knien, in anderen ist es ratsam, schon während dem Stehen immer die Füße zu bewegen, um den Flöhen, die sich im gestampften Lehmboden recht wohl fühlen, zu entgehen. Die meisten gehen in der Kirche nicht zur Kommunion, ich weiß noch nicht warum.


Vamos pastorsitas, vamos a Belén
Pastorsitas - die Sternsinger ziehen durchs Dorf

Am Ende des Gottesdienstes, bevor noch einmal einige Formalitäten für alle Tauf-, Hochzeits- und Erstkommunion erledigt werden müssen, tritt meist ein Lehrer, der Katechist, der Bürgermeister, der „Präsident“ oder eine andere Person, die sich berufen fühlt, nach vorne und hält eine kleine Ansprache, dankt dem Padre und den anderen wichtigen Leuten und mir ist es oft fast peinlich, wenn dann explizit noch dem „Freund aus Deutschland“ für seine Anwesenheit gedankt wird. Aber ich freue mich auch darüber und andererseits macht es vieles einfacher, in der Rolle als „Padre-Begleitung“ in ein Dorf zu kommen, als alleine, wo man dann gleich als „Gringo“ und/oder Tourist angesehen wird.
Sind dann alle Reden und Formalitäten erledigt, das Meerschweinchen mit drei Kartoffeln und einem riesigen Berg Reis verspeist, der Kaffee getrunken und die Messutensilien verpackt, steigen wir wieder in den Geländewagen, der oft noch mit Hilfsgütern diverser Organisationen beladen ist**.
Auf ins nächste Dorf...

** z.B. Tonnenweise schweizer Käse in Dosen oder manchmal auch gesammelte Kleider

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Damian Raiser, Chachapoyas, Peru, 26. Dezember 2004

 
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Rot
Weiß
Rot
sind übrigens die Farben der peruanischen Flagge.
 

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Peru:
Fläche: 1.285.220
km²
Einwohner: 28.409.897 (Juli 2003)
Hauptstadt: Lima
Sprachen: Spanisch, Quechua und Aymara
Religionen: Katholiken (85%), Protestanten (5%), Anhänger von Naturreligionen
Staatschef: Alejandro Toledo Manrique (seit 2001)
Währung: Nuevo Soles
Telefonvorwahl: +51

 
 
 
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